Boppard. Wenn fast alle noch gemütlich in ihren Betten liegen und schlafen, ist für Walter Hermanspahn und seine Frau Wilma kurz vor 4 Uhr am frühen Morgen die Nachtruhe vorbei. „Einen Wecker brauche ich eigentlich nie“, sagt der 77-Jährige. „Meine innere Uhr sorgt zuverlässig dafür, dass ich von alleine aufwache.“ Tag für Tag startet er um 5 Uhr zum Großmarkt in Koblenz um frische Lebensmittel, ausgewählte Delikatessen und Köstlichkeiten für seinen Schlemmer Shop in der Bopparder Oberstraße zu besorgen. Doch schon bald, Ende des Monats, ist Schluss damit. Das traditionsreiche Geschäft bleibt dann für immer geschlossen. Ein herber Verlust für Boppard und die Region.
Das Geschäft in der Bopparder Oberstraße ist eine Institution. Seit Generationen ist das Haus mit der alten Fassadenaufschrift Lebensmittel Erich Brand aus Boppard nicht wegzudenken. Zunächst als Laden für Kolonialwaren, später als Lebensmittelgeschäft war es immer Anlaufstelle für Kundinnen und Kunden. 1975 schließlich hat Walter Hermanspahn das Geschäft von Erich Brand übernommen und stetig weiterentwickelt. „Wenn man sich nichts einfallen lässt, hat man gegen große Märkte und Discounter keine Chance“, sagt der erfahrene Kaufmann. Schon bevor die Schlagworte „Frische“ „Regionalität“ und „Qualität“ populär wurden, hat Hermanspahn dies in seinem Geschäft beherzigt. „Natürlich biete ich auch ausgewählte Spezialitäten wie Käse aus der Schweiz an. Aber im Herbst kann man beispielsweise bei mir auch die bekannten Niederwerther Zwiebeln kaufen.“
Weine, Säfte, Käse- und Wurstspezialitäten, Salate, Gemüse, Obst und vieles vieles mehr gibt es im Schlemmer Shop in der Oberstraße in großer Auswahl zu kaufen. Kein Wunder, dass Küchenchefs von Hotel- und Gastronomiebetrieben im Schlemmer Shop einkaufen oder sich nach Bestellung beliefern lassen. „Unser Lieferservice wird auch von vielen Älteren geschätzt“, sagt Wilma Hermanspahn. Doch noch wichtiger ist Senioren und übrigens auch den Jüngeren das Einkaufen im Laden. Die Beratung und vor allem das kurze Plaudern machen das Einkaufen zu einem rundum angenehmen Erlebnis.
Für die angenehme Einkaufsatmosphäre sorgen neben Wilma und Walter Hermansphan auch Mitarbeiterin Elisabeth Kremp und seit 2003 Tochter Nicole. „Bevor ich das Geschäft übernommen habe, habe ich bereits wie Elisabeth Kremp im Jahr 1966 dort die Lehre gemacht und gearbeitet“, sagt Hermansphan. Auch meine Frau hat in unserem Geschäft gelernt.“ Kaum vorstellbar, dass nach insgesamt 55 Jahren das gemeinsame Arbeitsleben in wenigen Tagen endet wird. Dann können die Hermanspahns morgens etwas länger schlafen. Doch zuvor werden bei einigen Kundinnen und Kunden und sicherlich auch bei den Hermanspahns und bei Elisabeth Kremp ein paar Tränchen fließen.