Region. Es hört sich zunächst unlogisch an: Trotz schwacher Konjunktur, düsterer Wachstumsprognosen, und exorbitant steigender Lohnkosten suchen große Unternehmen und Mittelstand nach Fachkräften und Auszubildenden. Nur wenn es gelingt, den enormen Aderlass durch den demografischen Wandel zu kompensieren, können große, mittelgroße und die vielen Handwerksbetriebe der Region in der Zukunft bestehen. Die Zahlen sind alarmierend: Da die sogenannte Boomergeneration sich in die Rente verabschiedet, fehlen bis 2035 rund sieben Millionen Fachkräfte.
Unsere Gesellschaft muss alles dafür tun, dass sich die Zahl der Jugendlichen ohne qualifizierten Schulabschluss verringert und zugleich möglichst viele den Weg in eine berufliche Ausbildung finden. Schulen und auch Elternhäuser sind da gleichermaßen gefordert: Sie müssen dazu beitragen, dass Ausbildung bei den Heranwachsenden im Ansehen steigt und eine gleichermaßen wertvoll wie ein Studium sein kann.
Unternehmer jedenfalls tun dies bereits. Bei vielen Jobbörsen, Handwerks- und Ausbildungsmessen werben sie für die Attraktivität der beruflichen Ausbildung. Gleichzeitig setzen Chefs immer mehr auf innerbetriebliche Fortbildung und sorgen mit einem Bündel von Maßnahmen für möglichst attraktive Arbeitsbedingungen. Das Ziel: Gute Mitarbeiter will man auf keinen Fall verlieren.
Fort- und Weiterbildung wird mit Sicherheit immer wichtiger, denn Berufsbilder, Anforderungen und notwendige Qualifikationen unterliegen einer rasanten Entwicklung. Vorbei sind die Zeiten, in denen man mit einem Abschluss bis zum Ruhestand eine Tätigkeit ausführen konnte. Unternehmen und Beschäftigte müssen gleichermaßen aufpassen, dass sie unverzichtbare Entwicklungen nicht verpassen.
Interessant ist auch, dass es keinen Widerspruch zwischen Personalabbau in vor allem größeren Unternehmen und einer Zunahme des Fachkräftemangels gibt. Das Übermaß an Bürokratie, die im Vergleich zum Ausland sehr hohen Energiekosten, Streiks und hohe Lohnforderungen der Gewerkschaften tragen dazu bei, dass Betriebe gezwungen sind, Kosten zu senken. Global aufgestellte Unternehmen verlagern Produktionen dorthin, wo die Rahmenbedingungen günstiger sind. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotern sorgt dafür, dass Personal abgebaut werden kann. Doch gesamtwirtschaftlich werden Mitarbeiter, die deshalb ihre Anstellungen verlieren, intensiv gesucht.
Vor allem kleinere mittelständische Betriebe haben Interesse an guten neuen Beschäftigten. Gerade Handwerksbranchen setzen auf Gesellen und Auszubildende. „Als Heizungsmeister spüre ich den Fachkräftemangel intensiv, da qualifizierte Mitarbeiter in unserer Branche rar sind. Die Suche nach motivierten Fachkräften erfordert kreative Ansätze und eine gezielte Anziehung von Talenten“, sagt Robert Michel, Chef der EM Anlagenbau GmbH & Co.KG in Buch.
In der Baubranche, die gerade wegen hoher Zinsen und teurer ökologisch-energetischer Auflagen für Bauherren unter einer schwachen Auftragslage leidet, vermeidet man wegen des Fachkräftemangels nach Möglichkeit Personalabbau. „Wenn wir jetzt Personal verlieren oder freiwillig stark abbauen, werden wir in besseren Zeiten niemanden finden. Dann wird für uns der Fachkräftemangel zu einer existenzbedrohlichen Wachstumsbremse“, so ein Handwerksmeister gegenüber dem RHA.