Boppard. Die Entscheidung darüber, wer in wenigen Monaten Nachfolger des Bopparder Bürgermeisters Dr. Walter Bersch wird, ist gefallen. Der „Neue“ wird mit Jörg Haseneier ein erfahrener Kommunalpolitiker sein, der als Ortsbürgermeister von Simmern im Westerwald, im Verbandsgemeinderat von Montabaur und in verschiedenen CDU-Gremien gezeigt hat, dass er das „Handwerk“ beherrscht. Der 53-jährige Jurist ist kein Vertreter der lauten Worte, er setzt auf sachliches und von Inhalten bestimmtes Handeln und lehnt ideologisches Gepoltere ab. Gut möglich, dass sich das über Jahre aufgebaute Klima des Streitens aus Prinzip im Stadtrat mit ihm wandeln wird. Seine Devise „Schluss mit Streit“ wird vermutlich auch in seiner eigenen Fraktion bald Einzug halten.
„Ich bin echt baff und mehr als überrascht“, sagte Jörg Haseneier unmittelbar nach Ende der Stimmauszählung im Gespräch mit dem RHA. „Niko Neuser war für mich der Platzhirsch, ich fühlte mich selbstverständlich in der Außenseiterrolle.“ Der Hobbyläufer hatte am Wahlsonntag wie gewohnt auf seiner Hausstrecke entspannt ein paar Kilometer gejoggt. Als Bürgermeister von Boppard wird er sich aber sicherlich eine neue Laufstrecke suchen müssen, denn Haseneier plant nach Boppard umzuziehen, obwohl die Präsenzwohnpflicht für Bürgermeister nicht mehr besteht. „Ich will nah dran sein an den Menschen. Deshalb werde ich mir in Boppard etwas suchen“, so Haseneier. [as]
Hier ein Interview mit Jörg Haseneier, das unmittelbar nach seiner Wahl zum Bürgermeister geführt wurde:
Was waren Ihre ersten Gedanken, als das Ergebnis feststand?
Was ist hier passiert? Ich hatte mich damals beworben mit der Einstellung, dass ich ja nichts verlieren kann. Jetzt habe ich tatsächlich die Wahl gewonnen. Das ist eigentlich kaum zu glauben.
Hatten Sie mit dem Ergebnis gerechnet?
Nein, gerechnet nicht, aber gehofft. Ich glaube, dass meine Botschaft „Schluss mit Streit“ bei den Menschen angekommen ist. Das war sicherlich ein Grund für meinen Wahlsieg.
Wie werden Sie sich in der Zeit bis zur Amtsübernahme auf das Bürgermeisteramt vorbereiten?
Ich muss natürlich noch einige Dinge bezüglich meiner Anwaltskanzlei regeln und dann viele Gespräche in Boppard führen. Alle Fraktionen sind bereits auf mich zugekommen und auch Dr. Walter Bersch will eine geregelte fließende Übergabe. In Boppard wird es bei der Amtsübergabe keine amerikanischen Verhältnisse geben. Wichtig ist, dass ich mir in einer Art Kassensturz sehr genau die Haushaltslage anschaue.
Werden Sie als Bürgermeister dafür sorgen, dass Lager- und Blockadehaltungen im Stadtrat und den Gremien überwunden werden?
Ich freue mich auf die Herausforderungen. Für mich steht fest: Ich möchte ein Bürgermeister der „offenen Türen“ sein und konstruktiv mit allen zusammenarbeiten. Ich will Erläutern und mehr Raum zur Mitarbeit lassen. Das Gespräch mit allen Beteiligten halte ich bei kommunalpolitischen Entscheidungen für ganz wichtig. Mein Slogan „Schluss mit Streit“ hat für mich auch nach der Wahl Gültigkeit.
Wahlkampf ist immer auch die Zeit der Versprechungen und Ankündigungen. Welche Punkte stehen nach Ihrer Amtsübernahme auf der To Do-Liste ganz oben?
Es geht natürlich zunächst um eine optimale Amtsübernahme. Dazu werde ich sehr viele Gespräche in der Verwaltung führen und mich mit den Beschäftigten der Abteilungen austauschen. Ich muss die Menschen und ihre Qualitäten kennenlernen. Recht schnell will ich auch für eine klarere Struktur der Homepage sorgen, sie ist im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung für die Bürgerinnen und Bürger ein wichtiges Portal für den Kontakt und den Austausch mit der Verwaltung.
Wie sehen Sie Ihre Rolle als Verwaltungschef?
Wertschätzung ist mir sehr wichtig. Zuhören und vertrauensvolle Gespräche auf Augenhöhe sind Grundlage meines Führungsstils und Basis für ein gutes Miteinander.