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Hintere Dickt, geplante Baumpflanzungen?

Streuobstwiese

Die Eigentümer der Grundstücke des Naturschutzgebietes Hintere Dick erhiel­ten von der SGD Nord Fragebögen, denen zu ent­neh­men ist, dass Gehölzpflanzungen auf ihren Flächen geplant sind. Allerdings beschränkt sich ver­mut­lich die geplan­te Bepflanzung „nur“ auf Flächen des aus­ge­wie­se­nen Naturschutzgebietes. Flächen des Landschaftsschutzgebietes sind nicht betroffen.

Die ange­schrie­be­nen Eigentümer kön­nen wäh­len, zwi­schen: Erstens Hochstamm-Obstbäumen, die aus einer nicht näher beschrie­be­nen Liste alter Obstsorten stam­men und zwei­tens Wildobstarten und Walnussbäumen. Vorsorglich wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Obstbäume pfle­ge­inten­si­ver als Wildobst sein sollen.

Da stellt sich gleich die Frage, war­um sol­che Vorhaben nicht öffent­lich erläu­tert wer­den. Es drängt sich gera­de­zu auf, dass Wildobst von der SGD prä­fe­riert wird. Welchen Sinn soll die­se Alternative Wildobst haben? Das ein­zi­ge Ziel, die Artenvielfalt zu erhö­hen und Nist- und Brutstätten sowie Nahrung für vie­le Lebewesen zu ermög­li­chen ist durch­aus begrü­ßens­wert. Allerdings ist die Hintere Dick ein altes Streuobstwiesengebiet mit den zwei Nutzungen Obsternte und Mahd bezie­hungs­wei­se Weide auf Flächen dar­un­ter. Warum wur­den exis­ten­zi­el­le Bäume wie die Erlen am Dammigbach, die Eichen, die den Hohlweg zur Hinteren Dick sta­bi­li­sie­ren und Walnüsse erst gero­det, wenn von dem Ziel Streuobstflächen zu för­dern abge­wi­chen wird? 

Die Behörden legen seit Jahrzehnten auf arten­rei­che Streuobstwiesenlandschaft mit Kulturgeschichte als land­schafts­prä­gen­des Element gro­ßen Wert, wenn auch nicht immer die­ses Ziel erkenn­bar ist. Streuobstwiesen sind per Definition klar und deut­lich mit regio­nal typi­schen alten Hochstamm-Obstsorten zu bepflan­zen. Regionale alte Obstsorten sind damals auf die vor­lie­gen­den Standortbedingungen hin durch Auslese gezo­gen und ange­pflanzt wor­den. Sie sind land­schafts­prä­gend, erhal­ten die Vielfalt für Flora und Fauna und beein­flus­sen in die­ser Größe das regio­na­le Klima positiv. 

Wildobstarten sind über­wie­gend Sträucher, die sich hecken­ar­tig ver­meh­ren, maxi­mal klei­ne Baumarten, also außer Walnuss kei­ne Hochstammkulturen. Außerdem gehö­ren Schlehen und Brombeeren, die dort mas­siv ein­ge­dämmt wur­den, eben­falls zu Wildobstarten. Der Hinweis der SGD, dass Wildobstarten weni­ger pfle­ge­inten­siv sei­en, kann so nicht ste­hen blei­ben. Eine Streuobstregion besteht aus Hochstammkulturen, also müss­ten durch Gehölzschnitt die­se Wildobstarten eben­falls auf Hochstamm getrimmt wer­den, was von der Pflanzenart her kaum mög­lich ist. Wildobstbaumarten wie Wildapfel, Wildbirne und Eberesche ent­wi­ckeln einen von Hochstammkulturen stark abwei­chen­den Habitus. Wildobstkulturen haben ins­ge­samt gese­hen eher wild wach­sen­de Strukturen, sodass das Landschaftsbild sich ändern wür­de, wenn nicht stän­dig ein­ge­grif­fen wird. Da aber die Streuobstkulturen schon als Hochstämme kul­ti­viert wer­den und hier in der Region sel­ten geern­tet wer­den, blei­ben als ein­zi­ge Pflegearbeit die anfäng­li­chen Schnittarbeiten, um die Krone ziel­ori­en­tiert auf­zu­bau­en. Zwei bis drei fach­lich kor­rek­te Schnittmaßnahmen bei Jungbäumen sor­gen für einen gewünsch­ten Kronenaufbau. Weitere Schnittmaßnahmen sind für eine exten­si­ve Streuobstkultur nicht nötig und wei­te­re Arbeiten an den Bäumen eben­falls nicht. Das Lenken des Wachstums von Wildobstarten ist min­des­tens genau­so pflegeintensiv.

Eine Wildobstlandschaft ist mei­nes Erachtens kei­ne Streuobstlandschaft. Wildobst soll­te als Ergänzung an Feldrainen, Wegrändern der Artenvielfalt behilf­lich sein. So wird eine Streuobstregion mit kul­tur­his­to­ri­scher Bedeutung und ent­spre­chend brei­tem Artenspektrum auch zukünf­tig erhal­ten bleiben.

Egal ob die Flurbereinigung in Kürze oder Jahrzehnten kommt und Eigentumsverhältnisse sich ändern, das Landschaftsbild war und soll­te in Zukunft wie­der eine Streuobstwiesenlandschaft werden.

Dipl.-Ing. Ulrich Kühl, Boppard
www​.plan​werk​-gruen​.de

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