Leserbrief zu „Pro Rheintal fordert Tempo 50 für Güterzüge“
Nach der Lärmschutzrichtlinie „TA Lärm“ gilt in allgemeinen Wohngebieten ein Lärmhöchstwert von 55 Dezibel am Tag (nachts 40), an Krankenhäusern oder Schulen noch weniger. Die Bahn aber fährt mit bis zu 110 Dezibel mitten durch die Dörfer und Städte.
Das hat die UNESCO bereits im Jahr 2002 anlässlich der Aufnahme des Oberen Mittelrheins in die Welterbeliste bemängelt und die Reduzierung des Bahnlärms verlangt. Viele offizielle Resolutionen und Kampagnen folgten dann. Insbesondere die Politik wollte uns Bürgern deren ernsthafte Bemühungen zur Beseitigung des Problems aufzeigen. Beispiele: Im Jahr 2012 forderte der Landtag die Landesregierung zur „ernsthaften Prüfung einer Umgehungsstrecke“ auf. Im Jahr 2012 haben die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz gemeinsam im Bundesrat den Antrag eingebracht, dass ab dem Jahr 2020 keine lauten Güterzüge mehr fahren. „Bis 2020 soll der Schienenlärm halbiert werden. Das Konzept steht,“ schreibt die Bahn 2013.
Im Jahr 2022 bereiste eine Mission der UNESCO das Welterbe. Im Protokoll ist festgehalten:
„Zwanzig Jahre nach Eintrag in die Welterbeliste ist das Lärmproblem im Oberen Mittelrheintal noch lange nicht gelöst. Die seit Jahrzehnten diskutierte Umgehungsstrecke ist immer noch nicht realisiert worden, und die Mission wurde darüber informiert, dass derzeit nur ein erster Schritt, eine Machbarkeitsstudie, in Arbeit ist“.
Das Ergebnis von 20 Jahren „ernsthaftem Bemühen“ ist nach 20 Jahren die Arbeit an einer Machbarkeitsstudie, sonst nichts, dokumentiert die UNESCO. Sie bescheinigt damit die „Erfolglosigkeit dieser „ernsthaften Bemühungen, den Bahnlärm hier zu reduzieren“, Die UNESCO empfiehlt angesichts dieser Bilanz die „Dringende Umsetzung der Empfehlung des Welterbekomitees, das heißt, Umleitung der Güterzüge aus dem Tal und bis dahin die Begrenzung der Geschwindigkeit der Güterzüge so schnell wie möglich auf 50 km/h“.
Beschlossen ist in Berlin das Gegenteil der UNESCO-Empfehlungen: keine Umgehungsbahn, dafür Ausbau der Rheinstrecken zu Hochleistungsstrecken mit deutlicher Verkehrssteigerung. Sogenannte Schallschutzwände sollen den Lärm reduzieren. Die hat die UNESCO längst abgelehnt. Sie zerstören das Erscheinungsbild des Rheintals.
Die UNESCO ruft uns zum gemeinsamen Handeln auf. Für alle Verantwortlichen muss es jetzt nicht Pflicht, sondern dringendes Bedürfnis sein, diese ausgestreckte Hand der UNESCO zu ergreifen. Lärmreduzierung braucht jetzt sofort klare, detaillierte Beschlüsse, keine Lippenbekenntnisse oder Absichtserklärungen! Lasst uns an einem Strang mit der UNESCO ziehen. ALLE, Politik, Verbände, Bürger sind jetzt gefordert. Die Umsetzung der UNESCO-Empfehlung muss jetzt das alleinige Ziel sein. Wir Bürger sind ja schon lange dabei. Die Unterschriftenaktion zeigt das Interesse der Bürger. Aber: je mehr, desto besser.
Die Ausbaupläne der Bahnstrecken am Rhein enthalten aber auch zusätzliches Konfliktpotenzial. Wird die UNESCO den Bahnausbau klaglos hinnehmen, oder wird damit am Welterbetitel gekratzt? Das Obere Mittelrheintal muss aber Welterbestätte bleiben!
Klaus Thomas, Boppard