Willkommen, Peppone!
Neuwied. Es ist ein sonniger, aber kalter Februartag im Zoo Neuwied – trotzdem kommen die sechs Menschen, die die Kiste schleppen, ganz schön ins Schwitzen. Kein Wunder, denn die Transportkiste beherbergt einen gut 200 Kilogramm schweren Flachlandtapir, der soeben als Neuzugang im Zoo angekommen ist und nun vom Transportfahrzeug zum Eingang in die Tapirbox befördert werden muss. „Wenn ein neues Tier in den Zoo einzieht, wird es nach dem Transport in der Regel immer erst in einen separaten Bereich gebracht“, erklärt Kurator Maximilian Birkendorf. „So ein Transport ist immer mit Anspannung verbunden, egal, wie reibungslos er abläuft. Das Tier wird in eine neue Umgebung gebracht, die ihm erstmal völlig fremd ist. Daher minimieren wir die neuen Reize in den ersten Tagen, so gut es geht. Das geht am besten im Innenbereich und erst mal ohne Kontakt zu neuen Artgenossen.“
Bei ‚Peppone’ handelt es sich um ein elf Jahre altes Flachlandtapir-Männchen, das im Zoo Duisburg zur Welt gekommen ist und auch bis dato dort gelebt hat, seit dem Tod seines Vaters im Herbst allein. Jetzt soll er, im Rahmen eines großangelegten Ringtausches, der vom Erhaltungszuchtprogramm der bedrohten Art initiiert wurde, in Neuwied Tapirweibchen ‚May-May’ Gesellschaft leisten. Der Transport war im Vorfeld sorgfältig geplant worden: „Schon vor ein paar Wochen haben wir unsere Transportkiste nach Duisburg gebracht, damit die Kollegen dort ‚Peppone’ an diese gewöhnen konnten und mit ihm üben, dass er bereitwillig und ohne Druck von selbst in die Kiste läuft“, erläutert der Kurator. „Das hat auch bestens geklappt, sodass der Transportstress so gering wie möglich war. Wir haben ‚Peppone’ selbst abgeholt und ohne Umwege nach Neuwied gefahren, sodass er nur kurz in der Kiste ausharren musste.“
Diese ist mittlerweile direkt ans Tapirhaus angestellt, der Schieber zur Innenbox bereits geöffnet. Nun kommt der große Augenblick: Der Kistenschieber wird langsam hochgezogen und gespannt wird aus dem Haus heraus beobachtet, wie der Tapir reagiert. Erwartungsgemäß zögerlich nähert sich ‚Peppone’ mit seiner empfindlichen Rüsselnase den Lamellen, die als Zugluftstopper vor der Schieberöffnung hängen. Hörbar schnüffelnd prüft er die fremde Umgebung, bevor sich sein großer Kopf langsam in den Raum schiebt. Für das in den Boxen verteilte Gemüse interessiert sich der Tapir zunächst nicht, er erkundet erst mal sein neues Zuhause. „Er macht einen wachsamen, aber souveränen Eindruck“, fasst Birkendorf zusammen. „Als wir den Metallschieber hinter ihm wieder runtergelassen haben, hat er nicht mal mit der Wimper gezuckt. Das stimmt mich zuversichtlich, dass ‚Peppi‘ auch mit unserem Weibchen ‚May-May’ gut zurechtkommt. Abgesehen davon, dass bei Flachlandtapiren die Weibchen nämlich generell größer und kräftiger sind als die Männchen, hat ‚May-May’ unserer Erfahrung nach auch ein besonders dominantes Wesen“, lacht der Kurator.
Bis es soweit ist und ‚Peppone’ seine zukünftige Gefährtin kennenlernt, werden noch ein paar Tage vergehen. Zunächst soll er auf eigene Faust alle Teile des Geheges erkunden, das neben den fünf Boxen aus einer Innenanlage mit Badebecken und zwei großen Außenanlagen besteht. „Als wir die Anlage 2018 gebaut haben, haben wir für die Zukunft geplant – ein Pärchen ausgewachsener Tapire hat hier locker Platz. Und sollte es zwischen ‚May-May’ und ‚Peppone’ zu einer erfolgreichen Fortpflanzung kommen, ist zunächst auch für den Nachwuchs genug Platz.“