Mittelrhein. Die Deutsche Bahn hat auf Veranstaltungen im Oberen Mittelrheintal mit vom Bahnlärm betroffenen Bürgern für die kommenden Jahre den Bau von weiteren Schallschutzwänden angekündigt. Dabei gab es teilweise heftige Proteste von Anwohnern, die keine Schallschutzwände vor ihrem Haus haben wollen. Viele der Anlieger lehnen die Wände deshalb ab, weil sie nur begrenzt Schutz bieten (untere Etage), die Sicht beeinträchtigen und ästhetisch nicht in die gewachsene Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal passen. Das sieht auch die UNESCO in ihrem Bericht vom Mai 2022 so.
Die Erfahrungen mit der Wirkung von Lärmschutzwänden im Rheintal sind keineswegs zufriedenstellend, denn durch die Topografie, das hohe Gewicht der Züge und die extremen Geschwindigkeiten innerhalb von Wohngebieten (100 bis 120 km/h) verursacht Bahnlärm Erschütterungen und Sekundärschall wie kein anderes Verkehrsmittel. Schallschutzwände sind dagegen machtlos oder, wie manche Anwohner berichten, sogar noch schallverstärkend, weil die Wände über ihre Gründungen im Erdreich die Schwingungen übertragen, die sie an den Flächen aufnehmen.
Es gibt auch Berichte von Anwohnern, wonach aufgrund der Reflexionen der Wände plötzlich Lärm in Häusern zu hören ist, die vorher lärmfrei waren. Problematisch ist auch, dass Verkehrsgeräusche von Straßen und anderen Lärmquellen nicht mit berücksichtigt werden. Häufig wird durch die Schallschutzwand der Lärm der Bundesstraße, die davor verläuft, reflektiert und ist so für die Bewohner lauter und unangenehmer.
Die Wände wie alle übrigen Schallschutzmaßnahmen sind für die dB(A)-Werte ausgelegt. Störende Bassgeräusche wie Brummen und Dröhnen sowie Erschütterungen und Vibrationen machen nicht an der Schallschutzwand halt. Doch für die Betroffenen sind die das größte Problem, das sie auch nachts nicht schlafen lässt. Dagegen hilft nur eine Geschwindigkeitsreduzierung der Güterzüge. Damit entzieht man den niedrigen Frequenzen des Schalls die Energie und sie verstummen. Im Rheintal, wo der Schall fast ungemindert bis auf die Höhen hinauf schallt, ist daher ein Tempolimit die notwendige Voraussetzung dafür, dass Schallschutzwände und andere Maßnahmen wirkungsgerecht funktionieren.
Im rund 60 Kilometer kurzen Abschnitt Oberes Mittelrheintal und Rheingau machen die Ortsdurchfahrten auf jeder Seite ungefähr 20 Kilometer aus. Dafür braucht ein Güterzug bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde nur zwölf Minuten mehr als bei Tempo 100 km/h. Auf einer Fahrt, die im Extremfall von Rotterdam nach Genua (1.200 Kilometer) führt und bei einer mittleren Geschwindigkeit der Güterbahn von derzeit 18 Kilometer pro Stunde, 70 Stunden, also fast drei Tage braucht, fällt das nicht ins Gewicht. Zwölf Minuten mehr machen die Güterbahn nicht langsamer, aber erheblich leiser und sicherer.