Klimaschutzmanager des Rhein-Hunsrück-Kreises
und Energieagentur RLP besuchen das Forstamt Boppard
Boppard. Was lässt sich gemeinsam tun, um auf den Klimawandel zur reagieren? Dies auszuloten war Ziel eines Besuches der Klimaschutzmanager des Rhein-Hunsrück-Kreises und des Regionalbüros der Energieagentur Rheinland-Pfalz beim Forstamt Boppard. Stärkere Vernetzung und das Ermitteln relevanter Schnittstellen können eine intensivere Zusammenarbeit prägen; denn sowohl die Klimaschutzmanager und die Energieagentur als auch das Forstamt sind thematisch vom Klimawandel betroffen.
Forstamtsleiter Axel Henke erläuterte bei dem Treffen am 17. August einleitend den Wert des Waldes als größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher und zugleich den aktuell bedenklichen Zustand des Waldes. Der Wald in Rheinland-Pfalz bindet ein Viertel der CO₂-Emissionen, die in RLP ausgestoßen werden und ist somit wichtig für die CO₂-Minderungsziele. Auf der anderen Seite leidet der Wald unter der zunehmenden Erwärmung und Trockenheit – mit der Folge, dass, neben dem massenhaften Absterben der Nadelbäume, auch ein immer größerer Teil des Laubwaldbestands gefährdet ist. Derzeit sind in einigen Gebieten am Mittelrhein bereits in diesem Jahr 20 Prozent der älteren Laubbäume stark geschädigt oder abgestorben.
Holz zum Heizen nicht als Allzwecklösung
Um die Wälder am Mittelrhein zu erhalten, ist eine Verjüngung der Wälder mit klimaresistenten Baumarten und eine Beschattung durch die alten Bäume dringend erforderlich. Deshalb müsse auch die intensive Nutzung des Waldes als Brennstofflieferant infrage gestellt werden, was sowohl die anwesenden Klimaschutzmanager aus der Stadt Boppard und der VG Hunsrück-Mittelrhein, Dominik Nachtsheim und Thilo Kirstfeld, als auch Dominik Loch, Regionalreferent der Energieagentur Rheinland-Pfalz, bestätigten. Zwar werde die Holznutzung für stoffliche und thermische Zwecke immer eine Rolle spielen, dennoch sei es wichtig für Waldbesitzer, auch auf andere finanzielle Standbeine zurückgreifen zu können.
Die unbeschränkte Nutzung von Holz als Brennstoff für private Wärmeerzeugungsanlagen und Einzelöfen ist alleine schon deswegen kritisch zu sehen, weil die Holzressourcen aus regionaler und nachhaltiger Forstwirtschaft begrenzt sind. Ihre Skalierbarkeit stößt bereits heute an ihre Grenzen.
Darüber hinaus wird durch die Verbrennung von Holz Feinstaub und in erheblichen Maße CO₂ freigesetzt. Auch wenn Holz als klimaneutral gilt, ist es in Zeiten des Klimawandels zu bevorzugen, den Kohlenstoff langfristig in Holz – beispielsweise in Möbelprodukten oder Baumaterialien – zu binden, als es durch Verbrennen wieder freizusetzen. Diese Sichtweise spiegelt sich auch in den Plänen der Bundesregierung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2045 wider: CO₂-Minderungseffekte durch eine Zunahme des in Holz gespeicherten CO₂ sind eingerechnet.
Die Teilnehmer waren sich jedoch einig, dass die beschränkte und nachhaltige Nutzung von Brennholz in einigen Fällen, insbesondere im ländlichen Raum sinnvoll sein kann, zum Beispiel in Nahwärmenetzen oder in kleineren modernen Heizungsanlagen mit hohem Wirkungsgrad und effizienten Feinstaubfiltern. Vornehmlich bei Nahwärmenetzen auf Basis von Holzhackschnitzeln sollte auf die Verwendung von regionalem Schadholz geachtet werden.
Forstamt Boppard setzt auf Ökosystemdienstleistungen
Damit Waldbesitzer finanziell nicht alleine auf den Holzverkauf angewiesen sind, müssten andere Einnahmequellen aktiviert werden. So ist der Stadtwald Boppard der erste Wald in Deutschland, dessen Ökosystemdienstleistungen durch FSC zertifiziert wurden. Zudem bietet der Bund erste Förderprogramme, die die klimabedingten Waldschäden ausgleichen sollen und die Ökosystemleistungen des Waldes honorieren sollen, wie beispielsweise das Förderprogramm „klimaangepasstes Waldmanagement“. Diese Einnahmequellen erlauben es den Waldbesitzern, die Abhängigkeit vom Holzverkauf zu verringern und den Wald zu mehr Klimastabilität umzubauen.
Weitere Fördermittel müssen jedoch für den Wald bereitgestellt werden, um den Erhalt und Umbau zu finanzieren. Die CO₂-Senkenfunktion des Waldes verdient eine stärkere monetäre Honorierung.
Wald in Klimaschutzkonzepten stärker berücksichtigen
Wälder als CO₂-Senken sollten deshalb in Klimaschutzkonzepten stärker berücksichtigt werden, betonten die Klimaschutzmanager und die Energieagentur. Aufgrund von Bilanzierungsvorschriften und Doppelerfassungen wird die Senken-Funktion des Waldes bislang nicht in den kommunalen Klimaschutzkonzepten erfasst. Um hier ein realistischeres Bild abzugeben, wurde angeregt, zukünftig in den Konzepten und den Evaluierungen einen stärkeren Fokus auf den Wald und dessen Funktionen zu legen. Außerdem seien Maßnahmen zum Schutz des Waldes in Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepten noch stärker zu berücksichtigen.
Der Wald muss aktiv geschützt werden
Es wurde deutlich, dass der Wald in Zeiten des Klimawandels erhöhtem Stress ausgesetzt ist. Um den Wald zu erhalten, muss dieser aktiv geschützt werden. So begrüßt Axel Henke auch den Referentenentwurf des Landesjagdgesetzes zur Unterstützung des erforderlichen klimaresilienten Waldumbaus. Dieser sieht vor, dass insbesondere Gebiete, in welchen aufgeforstet wird, stärker bejagt werden können. So werde verhindert, dass junge Bäume von Schalenwild geschädigt und schlussendlich zerstört werden.
Die Aufforstung mit klimaresilientem Baumbestand ist ein unverzichtbares Mittel, um den Baumbestand an den Klimawandel anzupassen und Kalamitätsflächen aufzuforsten. Die Einzäunung von Aufforstungsflächen ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Flächenlösung und nur punktuell einsetzbar. Eine stärkere und professionalisierte Bejagung könne Wildbestände aus solchen Gebieten fernhalten und dorthin lenken, wo sie weniger Schaden verursachen können.
Zusammenarbeit und regelmäßiger Austausch vereinbart
Der Austausch machte deutlich, dass es sehr viele Schnittstellen und Zusammenhänge zwischen Klimaschutzmanagement und Waldentwicklung gibt. Es wurde daher vereinbart, die Zusammenarbeit in den Themenfeldern zu intensivieren und einen regelmäßigen Austausch zu etablieren.