Samstag, April 19, 2025
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    Bahnlärm: Maßstab für Gesundheit und Sicherheit

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    Boppard. Marode Straßen und Schienen kamen nicht über Nacht. Seit der Wende hat sich Deutschland zu einem Transitland mit end­lo­sen Verkehrsströmen rund um die Uhr ent­wi­ckelt. Lärm ist ein Gradmesser für den Zustand von Schienen und Fahrzeugen, denn Lärm, das sind Geräusche, die über die nor­ma­len Fahrgeräusche hin­aus­ge­hen und ent­we­der durch tech­ni­sche Mängel oder zu hohe Geschwindigkeiten ver­ur­sacht wer­den. Jetzt sol­len Milliarden von Euro in Straßen, Schienen und Brücken inves­tiert wer­den. Für noch mehr Verkehr? Was ist mit der Gesundheit? Müssen die Menschen künf­tig in Krankenwagen über die neu gebau­ten Straßen und Schienen trans­por­tiert wer­den? Verkehrslärm macht krank und schä­digt damit unse­re wich­tigs­te Ressource – den Menschen!

    Mit Blick auf die Bahn for­dert das Bürgernetzwerk Pro Rheintal (www​.pro​-rhein​tal​.de) die Parteien und Politiker der neu­en Bundesregierung auf, sich nicht län­ger der über­mäch­ti­gen Transportlobby zu unter­wer­fen, son­dern end­lich die gesund­heit­li­chen Auswirkungen von Lärm und Feinstaub anzu­er­ken­nen. Durch ent­spre­chen­de gesetz­li­che Vorschriften und akus­ti­sche Vorgaben kön­ne man für eine moder­ne und tech­nisch ein­wand­freie Güterbahn sorgen.

    Bahnlärm - Bürgernetzwerk Pro RheintalDerzeit gibt es bun­des­weit kei­nen wirk­sa­men Lärmschutz an Schienenwegen, da es kei­ne Lärmgrenzwerte für Schienenfahrzeuge gibt. Die wich­tigs­te Lärmschutzmaßnahme fehlt an der Quelle fehlt. Züge sind heu­te schwe­rer, schnel­ler, län­ger und lau­ter als frü­her. Die Folgen wer­den igno­riert, wie es das maro­de System auf allen Ebenen zeigt, nicht nur beim Lärm. Die Lärmquellen ande­rer Verkehrsträger blei­ben in ihrem Zusammenwirken eben­falls unbe­rück­sich­tigt. Das wah­re Ausmaß der Lärmbelastung wird so ver­schlei­ert. Auch die längst über­hol­ten Bestandsschutzregelungen und die feh­len­den akus­ti­schen Vorgaben für Waggons und Lokomotiven machen aus einem unvor­stell­bar lau­ten Bahnlärm rein rech­ne­risch ein lau­es Frühlingslüftchen. In der Realität ist es jedoch ein Orkan. Die angeb­lich „frei­wil­li­gen“ Lärmschutzmaßnahmen, wenn sie denn über­haupt ergrif­fen wer­den, ori­en­tie­ren sich nicht am “Orkan”, son­dern am “Lüftchen.” Dadurch blei­ben sie fast wirkungslos!

    Der Gesetzgeber lässt damit zu, dass Menschen an Bahnlinien gegen bes­se­res Wissen krank wer­den. Bereits 2012 hat der Deutsche Ärztetag in einer Resolution beklagt, dass die bestehen­den Gesetze und Verordnungen zum Lärmschutz nicht in der Lage sind, die Bevölkerung wirk­sam zu schüt­zen. Prof. Guski von der Universität Bochum sag­te damals, die Grenzwerte sei­en „rein poli­tisch mit der Lobby aus­ge­han­delt und medi­zi­nisch irrelevant“.

    Globalisierung und EU-Erweiterung haben in Deutschland zu einer, aus medi­zi­ni­scher Sicht nicht mehr ver­tret­ba­ren Lärmbelastung geführt hat, wie Prof. Manfred Spreng von der Universität Erlangen aus­führ­te. Nicht umsonst liegt die Lebenserwartung in Deutschland hin­ter den ande­ren west­li­chen EU-Staaten zurück.

    Im Schienengüterverkehr, der im Gegensatz zu allen ande­ren Verkehrsträgern, die lei­ser wur­den, heu­te fünf­mal so laut ist wie vor 40 Jahren, ver­sucht man mit Postkutschentechnologie moder­ne Hochleistungsverkehr zu betrei­ben. Die seit Jahrzehnten not­wen­di­gen Innovationen, für die Hunderte Milliarden Euro bereit­ge­stellt wur­den, sind nie dort ange­kom­men, wo sie dem Transportauftrag der Bahn gehol­fen hätten.

    Zerfall und Mängel sind inzwi­schen über­all an Bahnstrecken, Bahnhöfen, Brücken, Straßen und Schienen sicht­bar. Neben den unzu­mut­ba­ren Lärm- und Feinstaubbelastungen sind damit auch zuneh­men­de Sicherheitsrisiken ver­bun­den. Im Mittelrheintal sind die Züge dop­pelt laut. Der kur­ven­rei­che Streckenverlauf und die schall­ver­stär­ken­de Akustik des engen Rheingrabens ver­viel­fa­chen die Geräusche, die bis auf die Höhen hin­auf wahr­nehm­bar sind. Dies hat dra­ma­ti­sche Folgen für die Gesundheit aller dort leben­den Menschen und die Entwicklung der Region.

    Ursache sei nicht der Bahn- und Schiffsverkehr an sich, son­dern das Versäumnis, die Bahn tech­nisch auf Stand zu brin­gen. Schon jetzt sei abseh­bar, dass die geplan­ten Sanierungen der rechts­rhei­ni­schen Strecke (2026) und der links­rhei­ni­schen Strecke (2028), zwar noch mehr Verkehr, aber kei­ne Verbesserung der Lärmsituation und der Sicherheit brin­gen wer­den, weil sich am System nichts ände­re. Schlimmer noch, es ist zu befürch­ten, dass wäh­rend der Sanierung die jeweils ande­re Rheinseite so stark mit Schienenverkehr und Lärm belas­tet wird, dass Menschen weg­zie­hen und Hotels schlie­ßen müssen.

    Das Interesse der über­mäch­ti­gen Verkehrslobby, zu der unter ande­ren die Luftverkehrswirtschaft, die Automobilindustrie, das Transportgewerbe, die Bauindustrie und am Ende der Kette die Finanzwirtschaft gehö­ren, sei es, mit mini­ma­len Kosten und hohen staat­li­chen Subventionen Gewinne zu erzie­len. Die Politik sei dabei Steigbügelhalter, ohne aus­rei­chend auf die volks­wirt­schaft­li­chen und infra­struk­tu­rel­len Folgen zu ach­ten. Dies hat zum heu­ti­gen Zustand der Bahn geführt und zu einem enor­men volks­wirt­schaft­li­chen Schaden. Neben der maro­den Bahn, die weder zuver­läs­sig, pünkt­lich noch sicher ist, müs­sen auch die lang­fris­ti­gen Folgen durch Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Menschen, des Lernerfolgs in den Schulen und der Belastungen in den Regionen berück­sich­tigt werden.

    Frank Gross, von Pro Rheintal sagt: Wir dür­fen nicht län­ger zuse­hen, wie eine Güterbahn, die tech­nisch noch auf dem Stand von vor 100 Jahren ist, rück­sichts­los mit 100 km/h durch die Städte und Gemeinden fährt. Todesopfer nach dem Weinfest in Oberwesel und dem Weinfrühling im Bopparder-Hamm, Zugentgleisung bei Niederheimbach, Zugentgleisung bei Lorch/Assmannshausen, Zugentgleisung bei Lahnstein, Felssturz bei Kestert und vie­les mehr – um nur eini­ge Beispiele zu nennen.

    Die Lärmpegel sind zehn­mal höher als sie sein dürf­ten. Die Situation wird nicht bes­ser, son­dern schlim­mer, weil die Politik das Heft des Handelns der Verkehrslobby über­lässt. Beispiele wie Stuttgart 21, der Berliner Flughafen oder die ICE-Strecken zei­gen, wie Kosten-Nutzen-Relationen eben­so igno­riert wer­den wie die Gesundheit der Bevölkerung. Deutschland muss lei­ser wer­den, das heißt: Es muss bes­ser wer­den und es muss nut­zen, was der heu­ti­ge Stand des Wissens und der Technik her­gibt. Die Gesundheit der Menschen muss über der Gewinnmaximierung ste­hen. Der Mensch als wich­tigs­te Ressource unse­res roh­stoff­ar­men Landes darf nicht län­ger den Profitinteressen einer über­mäch­ti­gen Lobby mit ihren ver­al­te­ten Verkehrssystemen geop­fert wer­den. Gross sagt: Wir brau­chen moder­ne Verkehrslösungen und Gesundheitsvorsorge, zum Beispiel durch auto­ma­ti­sche Kupplungen, digi­tal über­wach­te Züge und eine Tempo 50-Lösung für Güterzüge innerorts.

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