Region. Fahrradfahren ist angesagt. In den vergangenen Jahren haben Millionen Deutsche das Strampeln für sich entdeckt. In der Freizeit werden die Radwege der Region stark frequentiert. Besonders beliebt sind die Strecken entlang Mosel, Lahn und Mittelrhein.
An Feierabenden und in der Urlaubszeit genießen immer mehr die gesunde und umweltfreundliche Fortbewegung mit purer Muskelkraft und Unterstützung von kleinen E‑Motoren. Kein Wunder, dass die Politik auch den Ausbau von Schnellradwegen fördern will, die für Berufspendler attraktiv sind. Vor wenigen Wochen wurde im Koblenzer Rathaus eine Machbarkeitsstudie des Landesbetriebes Mobilität Rheinland-Pfalz für eine Pendler-Radstrecke zwischen Boppard und Koblenz vorgestellt.
Mit gut ausgebauten, „schnellen“ Radwegen hat man in Ballungsräumen in Nordrhein-Westfalen bereits positive Erfahrungen gemacht. Vor allem in Zeiten des Berufsverkehrs ist das Radfahren eine hervorragende Möglichkeit, um staufrei zur Arbeit oder in die Schule und zur Uni zu gelangen. Die Studierenden in Münster machen es schon viele Jahre vor, dass das Auto im Alltag auch stehen bleiben kann.
Möglich also, dass Schnellradwege auch am Mittelrhein gut angenommen werden. In der Machbarkeitsstudie wurde auch konkret aufgeführt, wo eine Strecke zwischen dem Bopparder Stadtteil Bad Salzig und dem Oberzentrum Koblenz verlaufen könnte und – alles andere als unwichtig – was deren Realisierung kosten würde. Für den Ausbau der etwa 26 Kilometer langen Strecke müssten nach vorliegender Machbarkeitsstudie 5,4 Millionen Euro aufgebracht werden. 1,1 Millionen würde der Bund übernehmen, 4,3 Millionen müssten die Kommunen entlang der Strecke stemmen. Besonders groß werden die baulichen Herausforderungen im Koblenzer Stadtgebiet sein, in den anderen Streckenabschnitten ist der bestehende Radweg bereits eine günstige Basis für Ausbau und Optimierungen.
Bei Pendler-Schnellradwegen, die häufig sehr sportiv genutzt werden und auf denen E‑Bike- und Pedelec-Fahrer mit recht hohen Geschwindigkeiten unterwegs sind, spielt die Sicherheit eine große Rolle. Nicht nur Kreuzungen und Einmündungen sind Gefahrenstellen. Im RHA-Selbsttest auf den bereits gut ausgebauten Streckenabschnitten zwischen Boppard und Rhens kam es immer wieder zu gefährlichen Situationen zwischen schnellen und langsamen Radfahrern und Spaziergängern. Auch im Begegnungsverkehr auf breit ausgebauten Abschnitten, etwa parallel der B9 am Bopparder Hamm oder auch in Rhens, sind haarsträubende Szenen Realität. Der Schnellradweg zwischen Boppard und Koblenz eröffnet – wenn er denn kommt – sicherlich große Chancen. Doch das Zusammentreffen von Freizeitradlern, Touristen und flotten Pendlern birgt auch etliche Risiken. Es ist sicherlich kein Zufall, dass beispielsweise in Münster die Polizei auch mit dem Fahrrad unterwegs ist und Kontrollen durchführt.
Gute Chancen für den Schnellradweg
Bei der Vorstellung der Machbarkeitsstudie in Koblenz wurde deutlich, dass die Ampel-Regierung in Mainz den Ausbau des Radwegenetzes vorantreiben will. „Die fertiggestellte Machbarkeitsstudie ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Realisierung der Pendlerradroute zwischen Koblenz und Boppard. Sie legt den Grundstein für ein modernes und vielfältiges Mobilitätsangebot in der Region. Mit unseren Pendlerradrouten wollen wir attraktive Radschnellverbindungen schaffen und den Alltagsradverkehr fördern“, sagte Wirtschafts- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt.
Auch die CDU als größte Oppositionspartei spricht sich für den Ausbau der Radwege aus. Sie kritisiert aber das aus ihrer Sicht zu langsame Vorgehen der Regierung. Der wirtschaftspolitische Sprecher und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Dr. Helmut Martin, sagt auf RHA-Anfrage: „Machbarkeitsstudie schön und gut, aber der Spaten muss endlich auch in den Boden. Guter Radverkehr steht und fällt mit vorausschauender Radwegeplanung, dem Bau neuer Strecken und der Instandhaltung bestehender Radwege – das gilt auch für die Pendlerroute Boppard – Koblenz. Hier passiert in Rheinland-Pfalz grundsätzlich zu wenig. Die Radwege in Rheinland-Pfalz sind mangelhaft ausgebaut. Bei nahezu allen wichtigen Pendlerrouten fährt die Landesregierung im Leerlauf“, so Dr. Helmut Martin. Und weiter: „Fachleute weisen außerdem darauf hin, dass ausreichend Bundesmittel zum Radwegebau verfügbar sind. Die für den Radwegebau häufig verantwortlichen Kommunen benötigen Unterstützung, diese auch abzurufen. Es ist deshalb an der Landesregierung, sich ihrer Scharnierfunktion zwischen der Bundes- und der kommunalen Ebene bewusst zu werden und Verantwortung zu übernehmen.“