Gefahr: Borkenkäfer kann sich erneut explosionsartig vermehren
Boppard/Region. Die Wälder leiden seit Jahren unter den Folgen des Klimawandels. Dramatische Schädigungen sind auch für Laien kaum noch zu übersehen. Auch der heimische Wald ist in Gefahr: Stürme, Trockenheit und Schädlinge haben den Bäumen erheblich zugesetzt. Im RHA-Interview mit dem Leiter des Forstamtes Boppard, Axel Henke, wird deutlich, wie es um unseren Wald bestellt ist.
Wie sieht es mit dem Wasserhaushalt im Wald nach dem insgesamt trockenen ersten Quartal des Jahres aus?
Dem warmen Winter hat sich ein sehr trockenes Frühjahr angeschlossen. Die Waldböden sind bis rund 50 Zentimeter Tiefe ausgetrocknet. Es fehlt ausgiebiger Niederschlag, damit die Bäume nicht bereits im Juni unter Trockenstress leiden.
Hat das moderate Wetter 2024 zur Erholung des gestressten Waldes beigetragen?
Das feuchte, moderate Wetter 2024 hat im Ökosystem Wald für eine Entspannung gesorgt. Aber eben nur für eine Entspannung, durch Trockenheit und Insekten geschädigte Bäume haben sich in ihrer Vitalität kaum verbessert. Es konnten sich im feuchten Sommer/Herbst gesunde vitale Knospen an den Waldpflanzen bilden, die jetzt in ihrer Pacht voll ausgetrieben sind. Dadurch erscheint der Wald sehr dicht und grün, die Fotosynthese läuft auf Hochtouren. Aber das kann in einigen Wochen, wenn der Trockenstress wieder beginnt, schon ganz anders aussehen.
Welche Bäume bereiten Ihnen die größten Sorgen?
Sollte sich kein ausreichender Niederschlag in der aktuellen Vegetationsphase einstellen, wird sich der Borkenkäfer wieder explosionsartig vermehren und die restlichen verbliebenen Fichten-Wälder befallen und zum flächigen Absterben bringen. Alte Buchen werden vermehrt unter der Trockenheit leiden. Dramatisch ist das vor zwei Jahren begonnene Ausfallen der Eichen in den Niederwäldern an den Rheinhängen und in den Seitentälern durch den Eichenprachtkäfer. Der heimische, ehemals harmlose Käfer ist durch die Wärme in seiner Biologie derart begünstigt, dass er sich prächtig vermehrt, durch Trockenheit geschädigte Eichen befällt und in seiner zweijährigen Entwicklungszeit absterben lässt. Der Verlust der Eichenwälder an den Rheinhängen hätte enorme Auswirkungen auf Bodenerosion, Hangrutsche, Wasserrückhalt bei Starkregen und das Kleinklima für die Städte und Dörfer im Mittelrheintal.
Wie schreitet der klimaangepasste „Waldumbau” fort?
Die in den vergangenen sechs Jahren neu angelegten Waldkulturen profitierten von dem ausreichenden Niederschlag in der letztjährigen Vegetationsperiode. Die Forstleute kontrollieren diese regelmäßig: Ausgefallene Jungbäume werden nachgebessert, Zäune kontrolliert, ob Wild die kleinen Pflanzen abäst. Versuchsflächen mit klimaresilienteren Baumarten sind angelegt, und wir bauen diese kontinuierlich aus. Derzeit lassen wir Saatgut aus Südtirol im staatlichen Pflanzgarten in Trippstadt anziehen und wollen diese Pflänzchen dann im Herbst und Frühjahr in die Wälder setzen. Das sind Baumarten der wissenschaftlich prognostizierten, potenziellen natürlichen Vegetation der Flaumeichenmischwälder, wie Flaumeiche, Manna-Esche und Hopfen-Buche.