Mittelrhein. Der Klimawandel mit einer nachgewiesenen Zunahme von Wetterextremen macht auch dem Rhein zu schaffen. Starkregenereignisse sorgen für schnell ansteigende Pegel und Hochwasserlagen, Hitze- und lange Trockenperioden für Niedrigwasser, das immer öfter zu einem Problem für die Binnenschifffahrt wird. Denn dem Rhein, der bedeutendsten Wasserstraße Europas, fehlt an vielen Tagen im Jahr ausreichend Wasser. Perspektivisch immer weniger Schmelzwasser von Gletschern, geringere Schneemengen in den Alpen und eben die langen Dürreperioden im Sommer machen das Wasser im Rhein zur Mangelware – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Sinken die Pegel, können die Frachtschiffe nur deutlich weniger zu gleichzeitig höheren Preisen transportieren. Länger anhaltende Phasen des Niedrigwassers gefährden die Versorgungssicherheit der Industrie und führen bei Kunden zu deutlichen Preissteigerungen. Der Klimawandel hat buchstäblich seinen Preis.
Rheinvertiefung kommt
Kein Wunder deshalb, dass die Politik dafür sorgen will, dass der Gütertransport auf dem Rhein auch in Zukunft gesichert ist. Mit einem Großprojekt wie der Rheinvertiefung – der sogenannten Abladeoptimierung der Fahrrinnen am Mittelrhein – soll dies erreicht werden: Die gesamte 120 Meter breite Fahrrinne wird so vertieft werden, dass eine durchgehende Fahrrinnentiefe im Niedrigwasserbereich von 2,10 Meter unter dem „Gleichwertigen Wasserstand“ erreicht wird. Dieses millionenschwere Großprojekt wurde in die höchste Kategorie des Bundesverkehrswegeplans eingestuft, der Bedarf wurde per Gesetz festgestellt. Die Bauphase der Abladeoptimierung am Mittelrhein ist für das Zeitfenster zwischen 2030 und 2033 geplant.
Zustimmung und Ablehnung
Für die politische Entscheidung für eine Abladeoptimierung gibt es viel Zustimmung – aber auch ablehnende Kritik. Während Industrie, Reedereien und Frachtschiffer das Projekt begrüßen, lehnen Umwelt- und Naturschützer die Rheinvertiefung ab und warnen vor den Folgen. Eine Befürchtung des BUND Rheinland-Pfalz: Die ökologisch wichtigen Flachwasserzonen in den Uferbereichen könnten austrocknen, wichtige Lebensräume beispielsweise für die Jungfischentwicklung, Muscheln und Libellen würden geschädigt. Der BUND denkt in eine andere Richtung: „Wir sollten nicht den Rhein an die Schiffe anpassen, sondern die Schiffe an den Rhein. Die eingeplanten Millionen könnten besser in Projekte zur Entwicklung von Schiffen mit geringerem Tiefgang und für die entsprechende Modernisierung der Schiffsflotte investiert werden“, steht auf der BUND-Homepage.
Auch für das Flussbett außerhalb der Fahrrinne befürchten viele Umweltexperten das Schlimmste: Durch die geplante Vertiefung der Fahrrinne und das dadurch schneller abfließende Rheinwasser droht ein weiteres Absinken des Grundwasserspiegels und eine Zunahme vor „Trockenabschnitten“ im Flussbett. Der Umweltverband WWF warnt vor einer Fahrrinnenvertiefung: Die Strömungsgeschwindigkeit erhöhe sich, das Wasser fließe schneller ab und die Auswirkung auf die Flusssohle, ein wichtiger Lebensraum für Kleinstlebewesen, sei verheerend.
Staustufen sehr teuer
Es gibt auch Stimmen, die als Alternative zur Rheinvertiefung auf den Bau von Staustufen am Rhein setzen. Der Rheinpegel könnte so ähnlich wie an der Mosel kontrolliert auf einem Niveau gehalten werden, der die Frachtschifffahrt gewährleistet. Doch auch hier gibt es klare Gegenargumente: Neben den enorm hohen Kosten für den Bau der Staustufen und Schleusenanlagen würden auch die Staustufen zu Veränderungen der Fließgeschwindigkeit des Wassers und seines Sauerstoffgehaltes führen. Das natürliche Ökosystem würde, so die Gegner von Staustufen, stark geschädigt.
Pro und kontra Rheinvertiefung
Hier einige Argumente für beziehungsweise gegen eine Rheinvertiefung (Abladeoptimierung):
Pro: Schiffe aller Größen können auch bei Niedrigwasser mit voller Fracht fahren. Hohe Transportkapazität, niedrigere Logistikkosten, geringere Unfallgefahr.
Kontra: Negative ökologische Auswirkungen, mögliche Veränderung des Grundwasserspiegels, Wasserqualität und Wasseraufbereitung für Trinkwasser können sich verändern und nachteilig für Trinkwassergewinnung sein. Außerdem: nicht ausreichende Forschungsergebnisse über Langzeitfolgen.