Sonntag, November 16, 2025
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    Neues Bestattungsrecht ist jetzt in Kraft

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    Rheinland-Pfalz - neues Bestattungsrecht

    Rheinland-Pfalz. Nach teil­wei­se hef­ti­gen kon­tro­ver­sen Diskussionen ist das neue Bestattungsrecht in Kraft. In Rheinland-Pfalz sind jetzt neue Bestattungsformen mög­lich. Während eini­ge die­se Liberalisierung begrü­ßen, befürch­ten ande­re einen Verlust der Friedhofs- und Trauerkultur. Denn mit den Alternativen zu Erd- und Urnenbeisetzungen auf den Friedhöfen könn­ten die­se als Anlaufpunkte für Trauernde und als Ruhezonen zum Innehalten zuneh­mend an Bedeutung ver­lie­ren. Seit Generationen sind Friedhöfe immer auch Orte zum zwi­schen­mensch­li­chen Austausch, zum gegen­sei­ti­gen Trösten und zur Trauerbewältigung

    Fakt ist: Schon jetzt ist auf fast allen Friedhöfen reich­lich Platz, die Anzahl der Erdbestattungen und Urnenbeisetzungen hat in den ver­gan­ge­nen Jahren deut­lich abge­nom­men. Friedwälder und Bereiche, in denen Urnenbeisetzungen im Wald mög­lich sind, sor­gen dafür, dass Beisetzungen auf klas­si­schen Friedhöfen rück­läu­fig sind. In Boppard ist auch das Kolumbarium in der Karmeliterkirche eine Alternative zur letz­ten Ruhe auf dem Friedhof.

    Kommunen befürch­ten, dass sich künf­tig deut­lich weni­ger Menschen auf den Friedhöfen bestat­ten las­sen und damit die Einnahmen aus den Friedhofsgebühren ein­bre­chen könn­ten. Damit könn­te Geld für Betrieb und Pflege der Friedhöfe feh­len. Die Gebühren müss­ten ange­ho­ben werden.

    Katholische und evan­ge­li­sche Kirche kri­ti­sie­ren das neue Bestattungsrecht eben­falls: Sie sehen Gefahren für die Totenruhe und Würde der Verstorbenen, wenn Asche ver­streut, in der Urne zu Hause steht oder in Schmuckstücke ein­ge­ar­bei­tet wird. Die Vorstellung von Urnen zu Hause birgt außer­dem Konfliktpotenzial: Was ist, wenn Familien zer­strit­ten sind und Angehörige kei­nen Zugang mehr erhal­ten? Zudem kön­nen Freunde und Bekannte nicht wie bis­her Verstorbene „besu­chen“.

    Rheinland-Pfalz - neues BestattungsrechtWie immer, wenn neue Bestimmungen in Kraft tre­ten, wird sich erst in der Praxis nach eini­ger Zeit zei­gen, wel­che Auswirkungen das neue Bestattungsrecht haben wird. Gut mög­lich, dass auf Basis der gemach­ten Erfahrungen der Gesetzgeber „nach­jus­tie­ren“ wird. Übrigens: Auch das neue Bestattungsrecht lässt kei­ne will­kür­li­chen Entscheidungen zu: Zu Lebzeiten müs­sen Verstorbene ihren Willen, wie sie bestat­tet wer­den wol­len, klar schrift­lich fest­le­gen. Geschieht dies nicht, erfolgt die Beisetzung wie gewohnt auf den offi­zi­el­len Friedhöfen.

    Willkür der Angehörigen ist bei Bestattungen ausgeschlossen
    Die Bestattungskultur wird sich mit dem neu­en Gesetz ver­än­dern, dar­über sind sich Gegner wie Befürworter einig. Doch muss das fort­an mög­li­che Mehr an Alternativen nicht mit einem Weniger an Respekt vor der Würde und Einzigartigkeit eines jeden Verstorbenen ein­her­ge­hen? Experten sind sich auch nicht sicher, ob das neue Bestattungsgesetz das Ende der über Jahrhunderte gewach­se­nen Friedhofskultur bedeu­tet. Denn für eine der neu­en Alternativen zur Beisetzung auf den Friedhöfen ist eine soge­nann­te „Totenfürsorgeverfügung“ not­wen­dig. Das bedeu­tet, dass der Verstorbene zu Lebzeiten schrift­lich fest­ge­legt hat, wie und wo er bestat­tet wer­den will und wel­che Person sich nach dem Tod dar­um küm­mern soll. Wie vie­le Menschen dies tat­säch­lich machen wer­den, ist unsi­cher. Liegt kei­ne schrift­li­che Erklärung vor, erfolgt die Bestattung nach wie vor auf einem Friedhof. Außerdem spielt bei einem so erns­ten Thema auch fami­liä­re Tradition eine Rolle. Viele wol­len bei ihrem Partner die letz­te Ruhe fin­den, im Familiengrab oder in der Nähe von Freunden. Es gibt schon eini­ge Gründe, die für eine Beisetzung in den meist gärt­ne­risch sehr gepfleg­ten Friedhöfen sprechen.

    Flussbestattungen gefragt
    Rheinland-Pfalz - neues BestattungsrechtEine sicher­lich in Boppard und der Region belieb­te Bestattungsform dürf­te die Flussbestattung von Totenasche sein. Nicht in allen flie­ßen­den Gewässern wird die­se Form gestat­tet sein, aber im Rhein, der Mosel, der Saar und der Lahn wer­den Flussbestattungen mög­lich sein. Im Beisein von einem Bestatter wird die Asche in einer spe­zi­el­len Urne aus Zellulose von einem Schiff aus ins Wasser gelas­sen, wo sie sinkt und sich am Grund auf­löst, damit die Asche von der Strömung wei­ter­trans­por­tiert wird. In Bad Ems im benach­bar­ten Rhein-Lahn-Kreis dis­ku­tiert man zur­zeit, ob man eigens für Flussbestattungen in der Lahn einen Steg baut. Eine Idee, die für eine besinn­li­che Verabschiedung inter­es­sant ist.

    Urnen dür­fen auch zu Hause an einem pie­tät­vol­len Ort auf­be­wahrt wer­den. Nicht erlaubt sind aller­dings Urnenbeisetzungen im eige­nen Garten. Interessant sind die Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung aus Teilen der Asche. Man kann sie bei­spiels­wei­se in ein Amulett ein­ar­bei­ten oder auch aus Asche einen künst­li­chen Diamanten her­stel­len las­sen. Es soll auch mög­lich sein, die Asche etwa unter einem Baum auf dem eige­nen Grundstück zu ver­streu­en. Auch dies muss der Verstorbene natür­lich zu Lebzeiten schrift­lich erklärt haben. Eine wei­te­re Neuerung betrifft Tuchbestattungen – wie im Islam prak­ti­ziert – anstel­le von Beisetzungen in Särgen.

    Vieles ändert sich mit dem neu­en Bestattungsgesetz. Bestatter, die schon immer in schwe­ren Stunden des Abschieds bera­tend und unter­stüt­zend büro­kra­ti­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Arbeiten für ihre Kunden erle­di­gen, dürf­ten ab sofort noch mehr auch als Berater gefragt sein. Gut denk­bar, dass sich Menschen bereits zu Lebzeiten beim Bestatter ihres Vertrauens informieren.

    In Boppard und Umgebung gibt es eini­ge bekann­te und erfah­re­ne Bestattungsunternehmen. Der Rhein-Hunsrück-Anzeiger hat stell­ver­tre­tend Simon Bausen, Inhaber von Bestattungen Bausen, eini­ge Fragen zum neu­en Bestattungsgesetz gestellt:

    Welche Bestattungen bie­ten Sie an?
    Bausen: Wir bie­ten alle Bestattungsformen an. Bei der Urnenbestattung gibt es nach dem neu­en Bestattungsgesetz jetzt deut­lich mehr Möglichkeiten als bisher.

    Wie gehe ich bei einem Trauerfall vor?
    Bausen: Wenn ein Angehöriger zu Hause im Familienkreis ver­stirbt, muss zuerst der Hausarzt benach­rich­tigt wer­den. Wenn der Hausarzt oder Bereitschaftsarzt die benö­tig­ten Papiere, den Totenschein, aus­ge­stellt hat, kann die Familie den Bestatter anru­fen. Dann wird der Termin für die Überführung gemacht. Im Altenheim ruft das Pflegepersonal den Arzt an.

    Wie lan­ge dau­ert es, bis Verstorbene von Bestattungsfirmen abge­holt werden?
    Bausen: Das kann auf Wunsch sehr schnell gehen. Grundsätzlich gilt: Zuhause und im Altenheim kann die ver­stor­be­ne Person bis zu 36 Stunden am Sterbeort blei­ben. So ist es mög­lich, dass der Verstorbene bei­spiels­wei­se eine letz­te Nacht in gewohn­ter Umgebung bei der Familie ver­blei­ben kann. Dann wird ein Beratungstermin bei der Familie oder beim Bestatter ver­ein­bart, bei dem alles für die Beerdigung bespro­chen wird. Auch die behörd­li­chen Abmeldungen beim Standesamt bie­ten wir an. Da bekommt man die Sterbeurkunden, um Rente und Krankenkasse abzumelden.

    Wie unter­schei­den sich die Bestattungsformen bezüg­lich der anfal­len­den Kosten? 
    Bausen: Die Kosten bei Urnen- oder Sargbestattung sind fast gleich. Die spä­te­ren anfal­len­den Kosten wie Steinmetz und die lau­fen­de Grabpflege kom­men noch hin­zu. Die Kosten rich­ten sich nach der Warenleistung wie Sarg, Urne, Gedenkkärtchen. Die Dienstleistungen sind unse­re Leistungen wie die Überführung der ver­stor­be­nen Person, Beratungsgespräche und die Arbeiten am Beerdigungstag. Die Fremdleistungen set­zen sich aus Traueranzeigen, Blumenschmuck, Friedhofskosten der Stadt, Krematoriumskosten, Kosten für ein Schiff und auch Trauerkaffee zusam­men. Hinzu kom­men Ausgaben für Sterbeurkunden, den Totenschein und even­tu­ell für den Klimaraum im Krankenhaus. Alles zusam­men ergibt den Endpreis.

    Zur Flussbestattung: Wie läuft eine sol­che Bestattung kon­kret ab? 
    Bausen: Die Urne muss eine spe­zi­el­le Urne aus Zellulose sein, die im Wasser sinkt und sich unten am Grund auf­löst und somit die Asche mit der Strömung mit­geht. Die Asche darf nicht aus­ge­schüt­tet wer­den! Und wir als Bestatter müs­sen auch mit auf dem Boot/Schiff sein. Die Angehörigen dür­fen aber die Urne dem Wasser über­ge­ben. Ob man eine Trauerfeier auf dem Boot, in der Kirche oder auf dem Friedhof macht, hängt von der Größe der Trauergesellschaft ab. Die Kosten kön­nen wir bis­lang nicht exakt sagen, da dies Fremdleistungen sind. Wir sind aber in engem Austausch mit Boots- und Schiffsinhabern, die wie­der­um mit dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Koblenz.

    Werden Bestattungen auf den Friedhöfen Ihrer Meinung nach deut­lich weni­ger werden?
    Bausen: Ob die neu­en Möglichkeiten stark genutzt wer­den, wird sich in den nächs­ten Jahren zeigen.

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