Region. Seit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 ist dieser immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen. Auch aktuell ist er wieder in den Schlagzeilen: In den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD wird über eine Anhebung von derzeit 12,82 Euro auf 15 Euro im kommenden Jahr nachgedacht. Für die einen ein Fluch, für andere ein Segen.
Grundsätzlich gilt der gesetzliche Mindestlohn für alle Arbeitnehmer über 18 Jahre, also auch für Rentner, Minijobber, ausländische Beschäftigte, Saisonarbeiter, nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer und volljährige Schüler. Einige Branchen – etwa Bauern und Winzer, aber auch Zeitungsverlage – sehen bei einer weiteren Anhebung des Mindestlohns deshalb eine erhebliche Gefahr für ihre Betriebe.
Vor Wochenfrist hat der Geschäftsführer des Mittelrhein-Verlages, Thomas Regge, in der Rhein-Zeitung vor den wirtschaftlichen Folgen einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro gewarnt. Wegen der enormen Kosten der Zeitungszustellung befürchtet man im renommierten Koblenzer Zeitungsverlag mit rund 5.000 nebenberuflichen Zustellern ebenso wie in vielen anderen Verlagen auch, dass gerade in ländlichen Regionen die Zeitungszustellung bald ein Ende haben könnte. Regge warnt die Entscheider in Berlin vor einer Erhöhung des Mindestlohns, er sieht perspektivisch dann auch die Informations- und Pressefreiheit gefährdet.
Ausnahmen sinnvoll?
Gerade Zeitungsverlage stöhnen unter der Last des steigenden Mindestlohns. Klar ist, dass alle Menschen anständig verdienen sollten, vor allem bei hauptberuflichen Arbeiten, mit der Lebensunterhalt bestritten wird. Beim Zustellen von Zeitungen, die klassisch von Rentnern, Schülern und Studenten als kleiner Nebenjob gemacht wird, wären Ausnahmen von der Mindestlohnreglung denkbar. Hier gab es früher Lohnmodelle mit Auszahlung auf Stückzahlen oder im ländlichen Raum mit Festgehältern. Dabei war der Zeitaufwand für die Lohnabrechnung erheblich geringer und somit dieser Effekt für alle Beteiligten attraktiver.
Der Mindestlohn ist ein Bruttostundenlohn
Damit eine Wochenarbeitszeit von zehn Stunden möglich ist, steigt die Minijob-Grenze jeweils mit der Erhöhung des Mindestlohns. So wird sichergestellt, dass bei einem höheren Stundenlohn die Arbeitszeit nicht gekürzt werden muss.
Immer wieder wird auch darüber nachgedacht, ob es nicht sinnvoll wäre, sich von einem für ganz Deutschland gültigen Mindestlohn zu verabschieden. Regionale Mindestlöhne, die sich an regionalen Miet- und Lebenskosten orientieren und die jeweilige wirtschaftliche Struktur berücksichtigen, wären eine Alternative. Fakt ist: Im Raum München sind Kostenrealität und wirtschaftliche Situation anders als beispielsweise im Rhein-Hunsrück-Kreis oder in Sachsen-Anhalt. Doch so interessant Ideen für regionale Mindestlöhne auch sind: Die Umsetzung würde sicherlich wieder einen nicht unerheblichen Zuwachs an Bürokratie nach sich ziehen.