Freitag, Juni 13, 2025
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    Katholikenzahl nimmt auch in Boppard rapide ab

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    RHA-Thema KircheBoppard. Katholiken und Protestanten bekla­gen seit Jahren eine hohe Zahl von Kirchenaustritten. Nur noch rund 45 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gehö­ren aktu­ell einer Kirche an. Und da auch immer weni­ger Eltern ihre Kinder tau­fen las­sen, sind die Zukunftsaussichten alles ande­re als rosig. Ein wei­te­res Problem: Nur ver­gleichs­wei­se weni­ge der noch 37,8 Millionen Mitglieder neh­men aktiv am reli­giö­sen Leben teil.

    Inzwischen weiß ein gro­ßer Teil der Gesellschaft nicht mehr, was Christinnen und Christen an Pfingsten oder Fronleichnam eigent­lich fei­ern. Kein Wunder des­halb, dass vor dem Hintergrund nach­las­sen­der Bedeutung des christ­li­chen Glaubens in unse­rer Gesellschaft die Frage nach dem Sinn christ­li­cher Feiertage immer mal wie­der in Medien the­ma­ti­siert wird.

    Der Rhein-Hunsrück-Anzeiger hat Stefan Dumont, Leitender Pfarrer der Pfarrei Mittelrhein St. Josef, anläss­lich des bevor­ste­hen­den Pfingst-Wochenendes gefragt, wie die Entwicklungen in Boppard sind und wie er die sin­ken­de Zahl der Kirchenmitglieder bewer­tet. Der enga­gier­te Pfarrer sagt klipp und klar: „Jeder Kirchenaustritt ist einer zu viel.“

    Nehmen Sie als Pfarrer in Boppard ein nach­las­sen­des Interesse an Pfingsten wahr?
    Stefan Dumont: Ob es nach­lässt, weiß ich nicht. Aber es stei­gert sich jeden­falls nicht. Pfingsten ist bei uns ver­bun­den mit dem Auftakt der Nachbarschaftskirmes, und da ist schon „Betrieb“. Vielerorts gibt es an Pfingsten auch öku­me­ni­sche Veranstaltungen und Gottesdienste, aber das haben wir in Boppard seit vie­len Jahren schon am Christi-Himmelfahrtstag gehabt. Da ist der Zuspruch immer recht gut.

    Wie stark wer­den Gottesdienste an Pfingsten besucht?
    Stefan Dumont: Nicht viel anders als an ande­ren Sonntagen. Der Pfingsttag hat bei uns nicht die Bedeutung von Ostern oder Weihnachten, wo „man“ eher mal erwägt, in den Gottesdienst zu gehen. Die sonn­täg­li­che Gottesdienstgemeinde ist auf jeden Fall da.

    Haben die Kirchenaustritte wäh­rend der ver­gan­ge­nen Jahre Ihre Arbeit verändert?
    Stefan Dumont: Ja, das muss man sagen. Jeder Kirchenaustritt ist einer zu viel. Im Jahr 2024 waren es 111 in der Mittelrheinpfarrei. Dazu 112 kirch­li­che Beisetzungen. Zusammen mit den Um- und Wegzügen katho­li­scher Gemeindemitglieder bezie­hungs­wei­se mit den Beisetzungen katho­li­scher Christen, die etwa von Trauerrednern beglei­tet wer­den, sind es im Schnitt pro Jahr 300 Leute, die uns feh­len. Bei nur 28 Taufen im Jahr 2024 lässt sich schnell abschät­zen, dass wir rapi­de weni­ger wer­den. Das macht sich dann spä­ter auch finan­zi­ell bemerk­bar. Die Zuweisungen des Bistums an die Pfarrei hän­gen an der Katholikenzahl (der­zeit rund 6.900 bis 7.000). Davon müs­sen auch die Kirchen und ande­re Häuser unter­hal­ten wer­den – Kitas, Pfarrhäuser, das Ägidiusheim, das Alumnat und so wei­ter. Je weni­ger Leute wir in Boppard in der Pfarrei haben, je knap­per wird das Budget. Eine ande­re Auswirkung zeigt sich in der pas­to­ra­len Arbeit. Versuche heu­te mal, Paten für eine Taufe oder Firmung zu bekom­men, die „ganz nor­mal“ katho­lisch sind – also getauft, gefirmt und immer noch Kirchenmitglied. Das ist für vie­le tauf­wil­li­ge Eltern heu­te gar nicht mehr so ein­fach. Aber: Generell fra­gen wir nicht zuerst, ob jemand Kirchenmitglied ist, wenn man mit einem Anliegen zu uns kommt. Je nach­dem spielt das dann aber spä­ter schon eine Rolle.

    Wie ent­wi­ckelt sich die Zahl der Taufen in Boppard?
    Stefan Dumont: Da ist eine Menge Luft nach oben.

    Warum soll­te man trotz einer fest­stell­ba­ren Säkularisierung in der Gesellschaft unbe­dingt an kirch­li­chen Feiertagen festhalten?
    Stefan Dumont: Die Frage stellt sich in der Tat. Denn der arbeits­freie Tag soll­te ja eigent­lich die Mitfeier des kirch­li­chen Festes in der Gemeinde ermög­li­chen. Heute ermög­licht er ein­fach nur jede Menge ande­re Veranstaltungen und Feste – par­al­lel zu den kirch­li­chen. Kirche könn­te auch anders fei­ern. Das sieht man etwa in Italien: Da gibt es kei­nen Fronleichnamstag und kei­nen Himmelfahrtstag. Das wird dort sonn­tags gefei­ert, weil die Donnerstage eben kei­ne gesetz­li­chen Feiertage sind. Eigentlich müss­te eine Gesellschaft, die (aus wel­chem Grund auch immer) kei­nen Wert mehr auf die kirch­li­chen Feste legt, kon­se­quen­ter­wei­se auf die Feiertage verzichten.

    Was hal­ten Sie von Vorschlägen, die eine Reduzierung kirch­li­cher Feiertage zuguns­ten welt­li­cher Feiertage (Frauentag, Tag der Demokratie, Tag der Religionen, …) andenken?
    Stefan Dumont: Das ist in der Konsequenz aus der vor­aus­ge­hen­den Antwort bedenkenswert.

    Zu guter Letzt: Was ist Ihre Kernbotschaft als Pfarrer zu Pfingsten?
    Stefan Dumont: An Pfingsten wur­de deut­lich, dass Gott es schafft, die Menschen zu bewe­gen, posi­tiv zu den­ken und zu han­deln. Ich glau­be, dass Pfingsten ein Fest der Vielfalt ist – in der Kirche, aber auch dar­über hin­aus. Wer auch immer sich auf den Gedanken ein­lässt, dass sein Leben mit Gott zu tun hat, kann dar­aus Kraft schöp­fen. Für sich selbst – und im Umgang mit den anderen.

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