Region. Die Pandemie hat das Brauchtum Karneval und den gelebten Frohsinn zwei Jahren lang ausgebremst. Mit großer Leidenschaft haben sich die vielen ehrenamtlichen Narren in den Vereinen der Region auf die laufende Session vorbereitet und bis jetzt mit Auftritten die Säle zum Beben gebracht. Tanz- und Gesangsdarbietungen, Kostüme und Büttenreden haben die Sorgen des Alltags weggepustet. Jetzt beginnt die heiße Phase: Letzte Saalveranstaltungen, Straßenkarneval und bunte Umzüge werden Tausende anlocken. Singen, schunkeln und immer wieder lautes „Helau“ bis an die Grenze des Stimmverlustes sind angesagt.
Während der vergangenen Wochen musste man etwas bangen, ob die Session tatsächlich bis Aschermittwoch wie geplant „über die Bühne“ gehen kann. Denn der verheerende Vernichtungskrieg Krieg in Europa mit bis jetzt geschätzt mehr als 200.000 Toten und das fürchterliche Erdbeben in der Türkei und Syrien mit vermutlich 50.000 Toten und mit Millionen, die ihr Zuhause verloren haben, sind traurige Tatsachen. Als 1991 die Amerikaner Luftangriffe auf die irakische Hauptstadt Bagdad flogen, wurde beispielsweise der Kölner Rosenmontagszug abgesagt.
Jetzt feiern wir trotz deutlich erdrückender Sorgen: Der Krieg in der Ukraine, das Erdbeben in der Türkei und Syrien, die Energiekrise in unserem Land und die hohe Inflation können den Narrenexpress nicht stoppen. Wir vom RHA finden es richtig, dass der Karneval trotz alledem gefeiert wird. Nach der Corona-Pandemie mit den begleitenden und auch psychisch belastenden Einschränkungen im täglichen Miteinander ist es wichtig, dass man miteinander feiert und die Sorgen – zumindest bis Aschermittwoch – in die Ecke stellt. Dies werden auch die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine, die zumindest vorübergehend bei uns leben, und unsere türkischen Mitbürger und Freunde sehr gut verstehen.
Vielleicht aber wäre es ein Zeichen des Mitgefühls und der Verbundenheit, wenn man im Saal, beim Straßenkarneval und auch bei den Umzügen mal für eine Schweigeminute innehalten würde. Beim DFB-Pokalspiel zwischen Frankfurt und Darmstadt in der vergangenen Woche haben die Fans im vollbesetzten Stadion eine Minute lang der Erdbebenopfer gedacht. Im Stadion war es mucksmäuschenstill – eine wirklich große Geste. Danach ging es im Derby wieder heiß her. Vielleicht können sich die Narren der Region ein ähnliches Zeichen des Mitgefühls setzen und danach mit voller Leidenschaft feiern. Ein Versuch wäre dies sicherlich wert.