Region. Das festliche Essen an Heiligabend und den beiden Weihnachtsfeiertagen wird in diesem Jahr deutlich teurer als in früheren Jahren. Grund: Die Preise für Lebensmittel sind stark gestiegen. Im November kosteten sie durchschnittlich fast elf Prozent mehr als im Vorjahr. Und für einige Lebensmittel – beispielsweise für Zucker und Mehl – muss man an den Kassen bis zu 50 Prozent mehr bezahlen als noch vor einem Jahr. Doch viele wollen zumindest an Weihnachten nicht auf das traditionell festliche Essen im Familien- und engstem Bekanntenkreis verzichten. Das Weihnachtsessen steht bei Deutschen hoch im Kurs.
Inflation und explodierende Energiepreise haben dafür gesorgt, dass sich die große Mehrheit der Bevölkerung beim Kauf von Weihnachtsgeschenken einschränkt und vor allem sehr genau die Preise vergleicht. Insgesamt wird geschätzt zwischen acht und zehn Prozent weniger ausgegeben als in den Vorkrisenjahren. Doch beim gemütlichen Zusammensitzen unterm Weihnachtsbaum ist die Sparbereitschaft spürbar geringer. In Zufallsbefragungen unserer Zeitung in der Region hat die Mehrheit gesagt, dass sie zumindest an Weihnachten in Wohnungen und Häusern ungeachtet der Energiepreise gemütliche Zimmertemperaturen haben und es sich buchstäblich „schmecken lassen“ will. Die Menschen sind offenbar nicht gewillt, sich an den Weihnachtstagen einem Spardiktat zu unterwerfen.
Von Gemüse über Fisch, Fleisch und Zucker: Für alles muss man tiefer in die Tasche greifen. Bei Geflügel liegen die Preise rund 30 Prozent über dem Vorjahresniveau, Rind- und Schweinefleisch sind etwa 20 Prozent teurer geworden.
Doch den Appetit lassen wir Deutschen uns deshalb nicht verderben. Die beliebtesten Weihnachtsgerichte sind nach wie vor Schweine- und Sauerbraten, Fondue, Raclette, Enten und Gans sowie der Klassiker Würstchen mit Kartoffelsalat. Eine gute Nachricht gibt es bei all den Hiobsbotschaften und Nachrichten von steigenden Preisen: Regionale Bäcker, Metzger und Lebensmittelmärkte haben neben guter Qualität auch immer wieder attraktive Angebote für ihre Kundschaft, die sich an der Kasse „auszahlen“.
Dass es in der Krise aber auch immer mehr Menschen gibt, für die das Kaufen von Lebensmitteln finanziell schwieriger wird, spüren die Ehrenamtlichen der Tafel Rhein-Hunsrück an ihren Ausgabestellen.
Tafeln lindern die Not der Bedürftigen
Rhein-Hunsrück. Gilbert Kluwig engagiert sich seit mittlerweile 16 Jahren für den Verein Tafel Rhein-Hunsrück. Der mittlerweile 78-jährige Bopparder organisiert und koordiniert die Arbeit der Ausgabestelle in Boppard. „Wir sind ein ganz tolles Team mit mehr als 30 Ehrenamtlichen“, sagt, „Mannschaftsspieler“ Kluwig bescheiden.
Zu tun gibt es im Alltag jede Menge. Der Kontakt mit den Marktleitern von Discountern und Inhabern von Lebensmittelgeschäften und die Akquise von Spendern ist eine zeitintensive Aufgabe. Und dann natürlich fallen die Fahrten an, um die in den Geschäften nicht mehr benötigten Lebensmittel abzuholen, damit sie später in den Ausgabenstellen an die Bedürftigen verteilt werden können. „Wir haben für die sechs Ausgabestellen der Tafel Rhein-Hunsrück ein Hauptlager in Kastellaun“, sagt Kluwig.
In den Ausgabestellen in Kastellaun, Kirchberg, Simmern, Emmelshausen, Oberwesel und Boppard werden die Lebensmittel sehr gut organisiert an die Kunden verteilt. „Bei uns in Boppard sind wir ein erfahrenes Team von Frauen und Männern. Da läuft alles sehr ruhig und geordnet ab“, sagt Kluwig. Die Ehrenamtlichen, die fast alle der Generation 70-plus angehören, registrieren eine Zunahme an Menschen, die zur Tafel kommen. „Früher waren es in Boppard rund 150, aktuell sind es 250“, macht Gilbert Kluwig deutlich, wie sehr die Not in einer Zeit der Krisen zugenommen hat. „Zu uns kommen Familien mit insgesamt 100 Kindern.“
Trittbrettfahrer, die versuchen bei der Tafel an Lebensmittel zu kommen, haben keine Chancen. „Wir verlangen eine Bescheinigung über den Bezug von Grundsicherung oder Hartz IV. Die Tafel gibt dann Berechtigungsscheine aus, die Voraussetzung für die Ausgabe von Lebensmitteln sind. Auch bei sehr niedrigen Renten versuchen wir natürlich Hilfe zu leisten“, beschreibt der Bopparder Tafel-Routinier die Vorgehensweise bei der Ausgabe im Alten Rathaus der Stadt.
Großes Lob für Boppard
Das Bopparder Tafel-Team registriert mit Freude, dass die Stadt das Engagement großartig unterstützt. In der Ausgabestelle übernimmt die Stadt die Energiekosten, außerdem sei die Spendenbereitschaft der Bopparderinnen und Bopparder sehr, sehr gut. „Wir leben in einer tollen Stadt in einer tollen Region mit zahlreichen großzügigen Spendern und Gönnern“, lobt Kluwig Privatpersonen und Geschäftsleute.
St. Goar/Oberwesel: 180 Tafelkunden
Auch in den Ausgabestellen St./Goar/Oberwesel (in Oberwesel) und Emmelshausen wird mit Herzblut für die Tafel gearbeitet. Monika Seckler ist die Ansprechpartnerin für die Ausgabe St. Goar/Oberwesel und zugleich stellvertretende Vorsitzende der Tafel Rhein-Hunsrück mit dem Vorstandsvorsitzenden Herbert Heimes. „Zu unserer Ausgabestelle in Oberwesel kommen Tafelkunden aus derzeit 84 Familien.
Insgesamt erhalten bei uns Woche für Woche etwas 180 Personen Lebensmittel“, so Seckler. Die Tafelvorständlerin betont gegenüber dem RHA, dass sich die Tafeln ursprünglich bundesweit gegründet hätten, um überflüssige Lebensmittel in Discountern und Lebensmittelgeschäften vor der sinnlosen Vernichtung zu retten. „Wir verteilen Nahrungsmittel, die nicht verkauft werden konnten, an Bedürftige“, so Monika Seckler. Wie fast überall bekommen es derzeit Tafeln zu spüren, dass in der Krise die Märkte vernünftiger wirtschaften und nicht so sehr im Überfluss Waren bestellen.
„Und bevor das Haltbarkeitsdatum abläuft, bieten sie nicht verkaufte Lebensmittel in Aktionen zu stark reduzierten Preisen an. Eine Entwicklung, die eigentlich gut ist, aber die es den Tafeln schwieriger macht an Lebensmittel für die Ausgabestellen zu kommen“, sagt Seckler. Natürlich achtet auch das hoch motivierte und engagierte Tafel-Team in St. Goar/Oberwesel sehr genau darauf, dass nur Kunden mit Berechtigung an die Ausgabestelle kommen.
Emmelshausen: 55 Haushalte
Fred R. Lübbert ist der Ansprechpartner der Tafel in Emmelshausen. „Bei uns sind 90 Kunden aus derzeit 55 Haushalten eingetragen“, sagt Lübbert im Gespräch mit dem RHA. Auch in Emmelshausen stellt man fest, dass es etwas schwieriger wird, um an ausreichen Lebensmittel für die Bedürftigen zu kommen. „Wir fahren in Absprache mit den anderen Tafeln in einem recht großen Radius Märkte an. Die Spendenbereitschaft ist nach wie vor gut, doch die Mengen nehmen aufgrund eigener Sonderpreisaktionen ab“, stellt Lübbert fest.
Doch trotz dieser schwieriger werdenden Bedingungen schaffen es die Frauen und Männer der Tafel in Emmelshausen, dass die Bedürftigen ausreichend mit Lebensmitteln versorgt werden. „Das Engagement und der Teamgeist bei uns sind hervorragend. Die Teuerung bekommen alle zu spüren, aber diejenigen, die am wenigsten haben, die trifft sie am härtesten“, sagt Fred R. Lübbert. „Für uns ist es deshalb Selbstverständlichkeit und Herzenssache, dass wir uns unermüdlich für die Tafel und unsere Kunden einsetzen.“