Region. Wir sind eine Wegwerfgesellschaft. Ist etwas defekt, landet es auf dem Müll und wird durch Neues ersetzt. Vorbei die Zeiten, als Fernsehgeräte, Wasch- und Spülmaschinen von Monteuren wieder flott gemacht oder Schuhe neu besohlt wurden. Auch nach Blech- und Lackschäden beim Auto wird kaum noch ausgebeult und gespachtelt. Und defekte Auspuffanlagen werden nicht mehr geschweißt, sondern durch neue ersetzt. Doch jetzt hat ein Umdenken eingesetzt. Umweltbewusstsein, extrem steigende Preise und Lieferengpässe sind Gründe, die dem Reparieren zu einem unerwarteten Comeback verhelfen. Gute Zeiten für Repair-Cafés, Reparatur-Werkstätten für Haushaltsgeräte, klassische Karosserieschlosser und Spezialisten für Handys. Selbst Schuhmacher sind wieder gefragt.
Der Trend zum Reparieren war zunächst in Großstädten wie Berlin zu beobachten. Dort entstanden vor allem in Stadtteilen wie Kreuzberg und Neukölln Autowerkstätten, in denen wie früher „geschraubt“ wird. Schneidereien, in denen Hosen und Jacken geflickt werden und „Handy-Doktoren“, die das „Leben“ von Smartphones, iPads und Laptops kostengünstig verlängern, gibt es mittlerweile buchstäblich fast an jeder Ecke.
Reparaturcafé in Bad Salzig
Auch in unserer Region wird zunehmend repariert. Dinge, die sonst auf dem Schrott landen würden, können oft noch jahrelang genutzt werden. Im Bad Salziger Reparaturcafé, wird jeden ersten Samstag im Monat im Leseraum des Theodor-Hoffmann-Hauses mit Herzblut Kaputtes wieder flott gemacht. „Wir sind sechs bis sieben ehrenamtliche Helfer“, sagt der Leiter des Reparaturcafés, Matthias Koch. „Zu den Treffen kommen immer um die 40 Leute. Neben der Reparatur aller möglichen Geräte ist natürlich das Beisammensein und Miteinander ganz wichtig.“ Mit einer Portion handwerklichem Geschick kümmern sich die „Tüftler“ beispielsweise um Nähmaschinen, Hochdruckreiniger, Staubsauger, Uhren und Kaffeemaschinen. „Wir sind ständig auf der Suche nach Ersatzteilen“, sagt Koch. „Es ist einfach gigantisch, was sich hier bei uns seit November 2021 entwickelt hat.“
Handywerkstatt in Boppard
In der Bopparder Oberstraße 138 betreibt Mohammed Zein seit mittlerweile fünf Jahren eine Handywerkstatt. „Wir sind ein junges Unternehmen, das seit jetzt zehn Jahren auf dem Markt ist und neben Boppard auch Partnershops in Kastellaun und Simmern hat“ sagt Gründer und Geschäftsführer Zein. Zein und sein Team registrieren, dass die Nachfrage nach Handyreparaturen immer größer wird. „Man muss ältere und kaputte Handys nicht wegwerfen. In fast allen Fällen lohnt sich die Reparatur“, so Mohammed Zein. „Solange das Handy noch Updates macht, braucht man kein neues.“ Kommt man als Kunde mit Handy oder einem anderem Gerät in die Bopparder Oberstraße, checkt Zein zunächst, um welchen Defekt es sich handelt. Danach bietet er einen Festpreis an – böse Überraschungen gibt es später beim Bezahlen deshalb nicht. Egal ob Display, Stecker, Akku oder Lautsprecher: Zein und sein Team beseitigen alle Defekte professionell. Das Reparieren des Handys ist eine umweltfreundliche und vor allem kostengünstige Alternative zum Neukauf.
Fazit: Reparieren lohnt sich. Einer Studie zufolge würde eine EU-weite Lebensdauerverlängerung von Smartphones, Waschmaschinen, Staubsaugern und Laptops um nur ein Jahr bis zum Jahr 2030 2,1 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen – so viel, wie zwei Millionen Autos jährlich verursachen. Alleine die Deutschen könnten durch eine deutlich längere Nutzungsdauer von Smartphones, Fernsehern, Notebooks und Waschmaschinen jährlich 3,67 Milliarden Euro einsparen – viel Geld in einer Zeit, in der die Inflation private Budgets drückt.